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Kohleausstieg mit Konzept – Perspektiven für Stadtwerke
Umwelt- und Klimaschutz 01.03.2019

Kohleausstieg mit Konzept – Perspektiven für Stadtwerke

Die Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung („Kohlekommission“) hat ihren Vorschlag für einen schrittweisen Ausstieg aus der Kohleverstromung vorgelegt. Dieser wurde von der Energiewirtschaft mit Spannung erwartet, denn für die aus Klimaschutzgründen nötige Dekarbonisierung der Energieversorgung braucht es dringend Planungs- und Investitionssicherheit. Angesichts der schwierigen Meinungslage fällt er deutlich positiver aus als zu erwarten war und greift einige von den Stadtwerken langgestellte Forderungen auf.

Damit der Kohleausstieg unter Wahrung der Versorgungssicherheit so gelingen kann, dass Deutschland sein Klimaschutzziel 2030 sicher erreicht, schlägt die Kommission einen Kohleausstiegspfad und das Enddatum 2038 für die Kohleverstromung vor. Außerdem sollen durch vielfältige Maßnahmen zum Strukturwandel in den Revieren wegfallende Arbeitsplätze durch neue ersetzt werden. Der gefundene Kompromiss ist tragfähig und weist Stadtwerken einen zukunftsfähigen Weg für ihre Aktivitäten – wenn die vorgeschlagenen Maßnahmen 1:1 in Gesetze gegossen und umgesetzt werden.

Gasbasierte Erzeugung und KWK bekommen Auftrieb

Die Einigung der Kohlekommission eröffnet greifbare Perspektiven für das Erdgas und die Gas-Infrastruktur. Ihnen soll eine wichtige Rolle beim Ersatz der Kohle in der Strom- und Wärmeversorgung zukommen. Für den Switch von Kohle zu Gas etwa bei der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) werden den Kraftwerksbetreibern Anreize geboten. Mit Stilllegungsprämien und der Aussicht auf steigende Börsenstrompreise stehen den Betreibern von Steinkohlekraftwerken unterschiedliche Optionen zur Verfügung.

Längerfristig liegt die Perspektive auf „grünem Gas“, das heißt, aus erneuerbaren Energien hergestelltem Wasserstoff und Methan. Da keine neuen Kohlekraftwerke mehr gebaut werden dürfen, spricht sich die Kommission für die Förderung von Ersatzkapazitäten aus, sollten bis 2023 (also nach Stilllegung der letzten Kernkraftwerke und der Schließung mehrerer Braunkohlekraftwerke) nicht genügend Kraftwerkskapazitäten zur Verfügung stehen.

Der Steinkohle gerecht werden

Für Betreiber modernster Steinkohlekraftwerke und hocheffizienter Gas- und Dampfturbinenkraftwerke wäre ein konsequenter Ausstiegspfad Braunkohle vor Steinkohle (1) wünschenswert gewesen. Bei den Strukturmaßnahmen für die Steinkohlekraftwerksstandorte bleibt die Kommission eher vage. Unklar bleiben auch die Mechanismen für den Steinkohleausstieg, die Höhe und der Modus der Entschädigungszahlungen sowie der Strukturhilfemaßnahmen. Der Anteil der Steinkohlekapazitäten ist jedoch mit 22,7 GW höher als die Braunkohlekapazitäten mit 19,7 GW. Zudem soll hier laut dem Konzept der Abbau deutlich schneller vorangetrieben werden als bei der Braunkohle.  

In der Gesetzgebung sind deshalb Regelungen zu erarbeiten, die in angemessener Weise die Besonderheiten von Steinkohlekraftwerken berücksichtigen. Als Strukturhilfen wären 10 Mrd. € für die Steinkohlestandorte angemessen, angesichts der Tatsache, dass für die Braunkohlereviere 40 Mrd. € in Aussicht gestellt werden – aber rund ein Drittel der vom Kohleausstieg betroffenen Arbeitsplätze auf die Steinkohlekraftwerke entfallen.

Mit den rund 10 Mrd. € könnte auch der Umrüstungsprozess von Steinkohle auf Erdgas unterstützt und flankiert werden. Damit würde dem von der Kommission gesehenen Bedarf an erheblichen zusätzlichen Gaskraftwerkskapazitäten nach 2023 Rechnung getragen werden.

Mit Power-to-gas echt innovativ in NRW

Die Kohlekommission drängt zu Recht auf einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien. Der steigende Anteil von erneuerbaren Energien wird dazu führen, dass in längeren Zeiträumen des Jahres Stromüberschüsse entstehen. Innovationsprojekte könnten den Weg weisen und hierfür Lösungen anbieten. Es liegt somit nahe, mit Power-to-gas-Anlagen den Strom in großen Mengen speicherbar zu machen. Auch könnte das mit 240 km längste Wasserstoffnetz Deutschlands in Nordrhein-Westfalen dazu genutzt werden, mit grünem Wasserstoff den ÖPNV im Ruhrgebiet zu dekarbonisieren.

Ausbau der Erneuerbaren nicht weiter behindern

Um das von der Kommission verankerte Ziel zu erreichen, 65 Prozent des Strombedarfs bis 2030 aus erneuerbaren Energien zu decken, müssen die Rahmenbedingungen entsprechend geändert werden. So muss die NRW-Landesregierung ihre restriktive Haltung gegenüber der Windenergie an Land überdenken und den Genehmigungsstau auflösen. Die von ihr gewollte bundesweite Verschärfung der Abstandsregelungen zur Wohnbebauung ist hier kontraproduktiv. 

1) Vgl.: Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ - Abschlussbericht

Wichtige Empfehlungen der Kohlekommission

  • Die Kommission empfiehlt als Abschlussdatum für die Kohleverstromung das Ende des Jahres 2038. Der Ausstieg erfolgt in drei Phasen (Ausstiegspfad im Zeitraum 2018 bis 2022, 2023 bis 2030 und 2030 bis 2038).
  • In den Jahren 2026 und 2029 prüft ein unabhängiges Expertengremium die Umsetzung der Strukturwandelmaßnahmen und die Auswirkungen auf die Strompreise und die Versorgungssicherheit.
  • Im Rahmen einer einvernehmlichen Verhandlungslösung kann der Ausstieg auf das Jahr 2035 vorgezogen werden. Die Entscheidung darüber soll 2032 fallen.
  • Es werden keine neuen Kohlekraftwerke genehmigt; bei Kraftwerken im Bau soll die Nicht-Inbetriebnahme verhandelt werden.
  • Das System der Entgelte, Abgaben und Umlagen im Energiebereich soll überarbeitet werden, um Sektorenkopplungsmaßnahmen wirtschaftlich attraktiver zu machen.
  • Die Einführung einer CO2-Bepreisung im Non-ETS-Bereich soll geprüft werden.
  • Zur Stabilisierung der Strompreise sollen die Stromsteuer abgesenkt und die Netzentgelte aus Steuermitteln bezuschusst werden.
  • Emissionszertifikate sollen im Rahmen der Kraftwerksstilllegungen „in einem definierten Umfang“ aus dem nationalen Versteigerungsbudget gelöscht werden.
  • Falls bis 2023 keine ausreichenden neuen Kraftwerkskapazitäten im Bau sind, empfiehlt die Kommission einen „systematischen Investitionsrahmen“.
  • Als Ersatz für Kohlekraftwerke in der Netzreserve sollen Gasturbinen und Speicher dienen.
  • Alle Maßnahmen des Berichts müssen umgesetzt werden (u. a. 65 Prozent erneuerbare Energien bis 2030).

Vgl.: Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ - Abschlussbericht

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